Zum Hauptinhalt springen

Abgestimmt mit JA

Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs

Der Deutsche Bundestag hat heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems mit einer Änderung des Grundgesetzes abgestimmt. Ich habe dem Gesetzentwurf zugestimmt und dazu folgende persönliche Erklärung abgegeben:

Erklärung nach § 31 GO zu den namentlichen Abstimmungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114, 125c, 143d, 143e, 143f, 143g), zu der Namentlichen Abstimmung zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften, zum Bericht des Haushaltsausschusses zum Antrag LINKE „Autobahnprivatisierungen im Grundgesetz ausschließen“, zum Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zum Antrag LINKE „Bildungsherausforderungen gemeinsam verantworten – Kooperationsverbot in der Bildung endlich aufheben“, zum Antrag LINKE „Finanzierung der Wissenschaft auf eine arbeitsfähige Basis stellen – Bildung und Forschung in förderbedürftigen Regionen solide ausstatten“ und zum Antrag Grüne „In die Zukunft investieren – Ein Wissenschaftswunder initiieren“.

Der Deutsche Bundestag stimmt heute über die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab. Im Parlamentarischen Verfahren ist es der SPD-Bundestagsfraktion gelungen, wichtige Änderungen am ursprünglich eingebrachten Gesetzentwurf durchzusetzen:

1. Zunächst ist zu beachten, dass der Bundestag über ein Regelungspaket zu entscheiden hat, das im Vorfeld bereits zwischen allen MinisterpräsidentInnen und der Bundesregierung abgestimmt worden ist. Da die Länder in den Finanzbeziehungen Erleichterungen durch den Bund erfahren haben, haben sie im Gegenzug zugestanden, ein Stück ihrer Kompetenz im Bildungsbereich wieder an den Bund zu geben und in diesem Zusammenhang auch Bau, Planung und Verwaltung von Bundesstraßen bzw. Autobahnen dem Bund zu übertragen. Diese Verhandlung auf einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Ebene zwischen Länderregierungen und Bundesregierung halte ich für äußerst kritikwürdig. Die Beratungen des Bundestages wurden deutlich dadurch erschwert, dass die MinisterpräsidentInnen gemeinsam mit der Bundesregierung ein Gesamtpaket völlig unterschiedlicher Regelungsbereiche verabschieden, die im Parlament faktisch nicht mehr entkoppelt werden können. Umso beachtlicher sind die Veränderungen, die nun zur Abstimmung stehen. Unabhängig davon hoffe ich aber, dass alle Parteien aus dieser Situation zukünftig lernen.

2. Aus SPD-Sicht war in dem Regelungspaket von Anfang an die Ausweitung des Unterhaltsvorschusses zu begrüßen. Für fast eine Million alleinerziehender Eltern und ihrer Kinder stellt es einen wichtigen Fortschritt dar, dass berufstätige Alleinerziehende, bei denen das unterhaltspflichtige Elternteil seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, eine Erweiterung des Anspruches auf staatliche Unterstützung erfahren. Die Altersgrenze wird von jetzt 12 Jahre auf 18 Jahre angehoben und die zeitliche Befristung von maximal sechs Jahren abgeschafft. Dieses wird auch in Duisburg dazu führen, dass Alleinerziehende die Doppelbelastung von Job und Kinderbetreuung besser bewältigen können.

3. Ein großer Erfolg ist auch das Aufbrechen des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich. Der Bund wird in die Lage versetzt, 3,5 Mrd. Euro für Bildungsinvestitionen in finanzschwachen Kommunen bereitzustellen. Diese Investitionen werden auch Duisburgs Schulen zu Gute kommen. Eine vollständige Abschaffung des Kooperationsverbots im Bildungsbereich bleibt ein wichtiges Ziel sozialdemokratischer Politik. Bildung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Dies ist aber zwischen den Koalitionspartnern umstritten.

4. In der Fassung des Regelungspaketes, die in erster Lesung im Parlament beraten wurde, haben sich die Länder in Artikel 90 des Grundgesetzes verpflichtet, u.a. die Verwaltung der Bundesautobahnen an den Bund zu geben. Ferner war vorgesehen, dass der Bund sich dafür einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen könne. Bereits in dieser Fassung war geregelt, dass das Eigentum des Bundes an den Autobahnen und Bundesstraßen unveräußerlich ist. Allerdings befürchteten viele BürgerInnen in diesem Zusammenhang, dass private InvestorInnen über eine Beteiligung an der Gesellschaft zumindest mittelbar eine Privatisierung durch die Hintertür erreichen könnten. Die Verlautbarungen aus Bundesfinanzministerium und Bundesverkehrsministerium verstärkten diesen Verdacht. Auch zivilgesellschaftliche Organisationen und der Bundesrechnungshof kritisierten das Vorhaben scharf. Die Gewerkschaft ver.di problematisierte insbesondere Fragen beim Personalübergang.

Nach wochenlangen Verhandlungen liegt nun eine Ergänzung des Verfassungstextes vor, der eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung Privater an der Gesellschaft und deren Tochtergesellschaften ausdrücklich ausschließt. Dem Engagement der SPD-Bundestagsfraktion ist es zu verdanken, dass somit alle Hintertüren für eine mögliche Privatisierung in der Verfassung selbst geschlossen worden sind. Zudem ist es gelungen, dass alle wechselbereiten Beschäftigten der Straßenbauverwaltungen der Länder vom Bund übernommen und grundsätzlich dort eingesetzt werden, wo sie bisher arbeiten. Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ist verpflichtet, Tarifverträge für alle Beschäftigen abzuschließen. Ich empfinde es als Bestätigung dieser Position, dass auch die Gewerkschaft ver.di sowie der Bundesrechnungshof die Erfolge des parlamentarischen Verfahrens ausdrücklich anerkennen.

Darüber hinaus werden in der Debatte sogenannte Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) problematisiert. Die Partnerschaften gibt es bereits – sie werden nicht erst durch das hier vorliegende Regelungspaket ermöglicht. Doch selbst in diesem Bereich konnte nun durch das parlamentarische Verfahren eine Verbesserung erreicht werden: Erstmalig werden in der Verfassung Öffentlich-Private Partnerschaften für ganze Streckennetze oder wesentliche Teile explizit ausgeschlossen. Damit wird im Grundgesetz selbst ein klares Zeichen gegen die Ausweitung von ÖPP gesetzt. Die SPD-Bundestagsfraktion hätte sich eine noch weitergehendere Regelung gewünscht. Dies war jedoch mit der CDU/CSU-Fraktion nicht möglich.

Demokratie und das Ringen im parlamentarischen Verfahren bringen selten Ergebnisse, die zu einhundert Prozent den Forderungen einer einzelnen Fraktion entsprechen. Wer künftig ÖPP vollständig verhindern will, muss dafür eintreten, dass der Staat mehr Mittel in die Infrastruktur investiert, wie es die SPD fordert. Ein völliger Ausschluss von ÖPP im Grundgesetz, der einer 2/3 Mehrheit in Bundestag und Bundesrat bedarf, war in der bestehenden Koalition nicht realisierbar. Deshalb werbe ich für die Anerkennung der Verhandlungserfolge im parlamentarischen Verfahren und die Erhöhung des Drucks auf all die politischen Kräfte, die eine schwarze Null im Bundeshaushalt über politische Gestaltungsmöglichkeiten stellen.

Kontakt


Bärbel Bas, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin

Soziale Medien


Webdesign: villaester.de