Das bin ich - Nikolas Neuhöfer
Mein Name ist Nikolas Neuhöfer, ich bin 16 Jahre alt, und seit dem 31. August als Jugendbotschafter im Rahmen des Parlamentarischen Patenschafts-Programms (PPP) in den USA. Ich hoffe, dass ich euch mit diesem Blog ein wenig über mein Leben in den USA berichten kann, euch aber auch auf diese Weise mitnehme. Vielleicht hilft der Blog ja sogar, Euch die Entscheidung, ob Ihr euch für das PPP bewerben sollt, zu erleichtern.
Ich lebe zusammen mit meiner Gastfamilie, bestehend aus den Eltern Kate und Todd mit ihren Söhnen Andrew und Cody, in einer Kleinstadt mit 12.000 EinwohnerInnen in Connecticut. Grob gesagt lebe ich zwischen New York City und Boston. Mit meiner Gastfamilie komme ich sehr gut klar, wir unternehmen und erleben viel und haben viel Spaß. Die ersten acht Wochen nach meiner Ankunft sind wir jedes Wochenende auf unseren Campingplatz gefahren, auf dem wir FreundInnen meiner Gastfamilie getroffen haben, die auch zu meinen FreundInnen wurden und mit denen ich sehr interessante Gespräche u.a über ihren Präsidenten führte. In diesem Punkt kann ich definitiv sagen, dass vor allem hier in einem Ur-demokratischen Staat die Meinungen weit auseinandergehen.
Die Schule war in den ersten Wochen schwer, weil so vieles für mich neu war und ich anfangs alles erst im Kopf auf Deutsch übersetzt habe, bevor ich geantwortet habe, was natürlich viel Zeit beanspruchte. In den ersten Wochen habe ich meine Hausaufgaben so gemacht, wie ich es kannte, was aber hier eindeutig zu viel war. Generell kann ich sagen, dass die Anforderungen und der Inhalt niedriger sind als in Deutschland, das aber nicht so problematisch ist, weil man höhere Level wählen kann, die zwar auch nur bedingt an den deutschen Stoff herankommen, und man so auch mehr Zeit hat, das Jahr mit der Gastfamilie und all seinen Erfahrungen zu genießen.
Bis jetzt habe ich schon viele neue FreundInnen gefunden, die mir auch beim Einleben in der neuen Schule geholfen haben, indem sie mir beispielsweise die Räume gezeigt haben oder mir meinen leicht verwirrenden Stundenplan erklärt haben. Auch wenn ich nicht mit allen SchülerInnen meiner Schule befreundet bin, komme ich mit allen Personen, die ich bis jetzt kennenglernt habe, sehr gut klar und ich treffe jeden Tag neue sehr interessante MitschülerInnen.
Wie gesagt, kam ich am Anfang mit der Sprache nicht so zurecht, wie ich es eigentlich wollte, aber mittlerweile lauft es eigentlich sehr gut, aber es ist noch viel Luft nach oben. Nachdem ich den Sprung ins kalte Wasser am Anfang des Austauschjahres überstanden habe, bin ich, aber auch meine Gastfamilie oder meine FreundInnen, jeden Tag erstaunt, wie gut es mittlerweile klappt.
In den knapp zweieinhalb Monaten, in denen ich hier bin, habe ich auch schon einiges erlebt wie zum Beispiel das originale Halloween, das ein wenig anders ist, als wir es uns vorstellen. So ist es nicht automatisch gruselig und die Kostüme sind nicht nur Hexen, Zombies oder Vampire, sondern auch ganz normale Berufskostüme. Daher bin ich als NASA-Astronaut verkleidet gewesen. Es ist aber auch nicht nur der 31. Oktober, an dem wir Halloween feiern, so hatten meine Gastfamilie und ich fünf „Vor-Halloweenfeiern“, auf denen wir uns schon einmal einstimmen konnten.
Neben Halloween hatten wir auch Homecoming, welches definitiv ein „Must-have“ ist, wenn man ein Auslandsjahr in den USA macht. Es war aber nicht nur ein großartiger und lustiger Abend, sondern auch eine tolle Woche, die mit der deutschen Abi-Mottowoche vergleichbar ist, nur dass alle SchülerInnen mitmachen. Mein Lieblingstag war der „schreckliche Touristen-Tag“, an dem ich die Vorstellungen meiner MitschülerInnen von Deutschen ein wenig auf den Arm genommen habe und u.a das Lederhosenkostüm meines Gastvaters trug.
Diese Woche feiern wir auch „Thanksgiving“ mit den Familienmitgliedern, die ich bis jetzt noch nicht treffen konnte, und natürlich mit reichlich Truthahn. Am nächsten Tag, also am „Black Friday“, möchten wir uns mit ein paar AustauschschülerInnen und FreundInnen in den Schnäppchenkampf begeben.
In meiner Freizeit habe ich bis vor kurzem Fußball für das Schulteam gespielt, aber nun ist die Saison vorbei, was bedeutet, dass ich nicht mehr jeden Tag trainiere und Spiele habe. Die freigewordene Zeit nutze ich jetzt, um mit meinem Gastbruder Cody in der örtlichen Tafel zu helfen, was mir sehr gut gefällt, da die Menschen sehr freundlich sind, sich über jede Hilfe freuen und ich merke, dass ich mit meiner Hilfe etwas bewirken kann, das die Menschen weiterbringt und ihnen so ein Teil der Last abnimmt. Oft erzählen sie uns sehr interessante, aber auch traurige Geschichten, die mich persönlich schon betroffen machen.
Außerdem möchte ich gerne dem Basketballteam meiner Schule beitreten, in dem SchülerInnen mit und ohne Behinderungen zusammen spielen.
Mit meinem Gastbruder Cody bin ich auch Mitglied des „Model United Nations and Debate Club“, welcher ein Club in der Schule ist, in dem wir uns auf ein Planspiel als Botschafter bei den Vereinten Nationen (UN) vorbereiten und debattieren üben. Eigentlich wollten wir auch an einem Planspiel im New Yorker UN Headquarter teilnehmen, allerdings weigerten sich zu diesem Zeitpunkt beide Parteien des Parlaments Connecticuts, dem Haushalt zu zustimmen, weshalb wir uns nicht anmelden konnten, da wir für eine Teilnahme definitiv eine finanzielle Förderung für die AG bräuchten. Nun wurde aber der Haushalt beschlossen und wir können möglicherweise an einem anderen Planspiel teilnehmen.
Seit Kurzem arbeite ich auch in der AG „The Future Business Leader of America“ mit, in der wir mit unserer Firmenidee auf einem Wettbewerb im März gegen andere Schulteams mit ihren Ideen antreten.
Da hier bis vor Kurzem noch Wahlkampf stattfand, habe ich mir den Wahlkampf aller Parteien in meinem Ort angeschaut und durfte sogar am Wahltag Telefonanrufe zur Erinnerung an die Wahl machen, selbstverständlich ohne irgendeine Werbung für eine Partei zu machen, um meine erforderte Neutralität zu bewahren.
Allein die Beobachtung des Wahlkampfs war eine tolle Erfahrung, aber es wurde am Wahlabend nochmal richtig spannend. Denn es sah für die Amtsinhaber, die wieder für den ersten und den zweiten Selectman (vergleichbar mit einem Bürgermeister) nicht gut aus, da ihre GegenkandidatInnen mehr Stimmen als sie selbst bekommen haben. Jedoch gab es abends nach der Wahlparty einen Anruf, dass ein Bezirk falsch ausgezählt wurde, welcher nochmal neu ausgezählt werden musste.
Am meisten freue ich mich auf den durch das PPP ermöglichte Besuch in Washington D.C im Dezember.